Die Zukunft der WEG-Verwaltung: Zwischen Digitalisierung, KI und persönlichem Service

– ein Interview mit Christian Müller, dem Inhaber und Geschäftsführer der PRO-IM Management GmbH

Herzlich willkommen, Herr Müller. Sie sind Geschäftsführer einer etablierten Hausverwaltung, die sich ausschließlich auf die Verwaltung von Gemeinschaftseigentum spezialisiert hat. In einer Branche, die oft als traditionell gilt, gelten Sie als Vordenker in Sachen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Gleichzeitig betonen Sie die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts. Ein Spannungsfeld?

 

Herzlichen Dank für die Einladung. Ich sehe es weniger als Spannungsfeld, sondern vielmehr als eine Symbiose, die für eine zukunftsfähige WEG-Verwaltung unerlässlich ist. Die Herausforderungen nehmen zu, und wir müssen technologische Möglichkeiten intelligent nutzen, um unseren Kernauftrag – die bestmögliche Betreuung der Eigentümergemeinschaften – weiterhin auf höchstem Niveau zu erfüllen. Die reine Mietverwaltung unterscheidet sich hier fundamental von den komplexen Anforderungen einer WEG-Verwaltung, wo es um das Management gemeinschaftlichen Eigentums und die Moderation oft diverser Interessen geht.

 

Warum ist die Digitalisierung gerade jetzt so drängend für WEG-Verwaltungen?

 

Aus mehreren Gründen. Erstens steigen die regulatorischen Anforderungen stetig – denken Sie an das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG), die zunehmenden energetischen Vorgaben oder Dokumentationspflichten. Ohne digitale Prozesse zur effizienten Erfassung, Verarbeitung und Archivierung von Daten ist das kaum noch zu bewältigen.

Zweitens erwarten Eigentümer heute eine Transparenz und Geschwindigkeit, die nur digital möglich ist – schneller Zugriff auf Dokumente, nachvollziehbare Abrechnungen, zeitnahe Informationen.

Drittens, und das ist ein entscheidender Punkt, sehen wir uns einem zunehmenden Fachkräftemangel gegenüber. Wir können nicht mehr nur auf zusätzliches Personal setzen, um die wachsende Komplexität zu bewältigen. Digitalisierung schafft hier Effizienz, automatisiert Routineaufgaben und gibt unseren qualifizierten Mitarbeitern den Freiraum, sich auf die wirklich komplexen Sachverhalte und die persönliche Betreuung zu konzentrieren.

Sie sprechen die zunehmende Komplexität an. Was kommt da konkret auf die Verwaltungen zu?

 

Die Themen werden vielfältiger und technischer. Wir reden über die Integration von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität, die Planung und Umsetzung energetischer Sanierungen bis hin zur Klimaneutralität, Smart-Building-Technologien, komplexere Versicherungssachverhalte durch Klimawandelfolgen und natürlich die rechtssichere Umsetzung von Beschlüssen in immer heterogener werdenden Eigentümergemeinschaften.

Hinzu kommt der demografische Wandel, der unterschiedliche Bedürfnisse und technische Affinitäten innerhalb einer Gemeinschaft bedeutet. Eine gute Verwaltung muss hier nicht nur reagieren, sondern proaktiv beraten und Lösungen managen können. Das erfordert tiefes Fachwissen und eben auch die technologischen Werkzeuge zur Analyse und Steuerung.

 

Hier kommt vermutlich die Künstliche Intelligenz ins Spiel. Sie gelten als Experte auf diesem Gebiet. Wo sehen Sie die Potenziale für die WEG-Verwaltung?

Absolut. KI ist kein Buzzword für uns, sondern ein Werkzeug zur intelligenten Unterstützung. Aktuell setzen wir KI beispielsweise ein, um eingehende Rechnungen automatisiert zu prüfen, zu kontieren und für die Zahlung vorzubereiten. Das reduziert Fehlerquellen und beschleunigt Prozesse enorm.

Perspektivisch sehen wir riesiges Potenzial: KI kann helfen, Muster in Verbrauchsdaten zu erkennen und Optimierungspotenziale aufzuzeigen, präventive Instandhaltungsmaßnahmen auf Basis von Sensordaten oder Erfahrungswerten zu planen, oder auch Standardanfragen von Eigentümern über intelligente Chatbots rund um die Uhr zu beantworten, sodass unsere Mitarbeiter für die schwierigen Fälle verfügbar sind.

KI kann uns auch bei der Analyse komplexer Verträge oder der Vorbereitung von Beschlussvorlagen unterstützen, indem sie relevante Informationen extrahiert und aufbereitet. Sie wird den Verwalter nicht ersetzen, aber zu einem unverzichtbaren Assistenten werden, der hilft, fundiertere Entscheidungen zu treffen und effizienter zu arbeiten.

 

Mit zunehmender Digitalisierung und KI-Einsatz wächst auch die Bedeutung des Datenschutzes. Wie stellen Sie sicher, dass die sensiblen Daten der Eigentümer geschützt sind, gerade auch mit Ihrer Expertise im Datenschutz?

 

Datenschutz ist für uns nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern eine Frage des Vertrauens und der Professionalität. Meine zertifizierte Kompetenz als Datenschutzexperte fließt direkt in unsere Strategie und Prozesse ein.

Wir setzen auf sichere, in Deutschland oder der EU gehostete Softwarelösungen, führen regelmäßige Schulungen unserer Mitarbeiter durch und haben klare Prozesse für den Umgang mit personenbezogenen Daten etabliert. Jede neue Technologie, insbesondere im KI-Bereich, wird vor der Einführung einer strengen Datenschutz-Folgenabschätzung unterzogen. Wir verstehen uns hier als Treuhänder der Daten unserer Kunden und handeln entsprechend stringent. Transparenz gegenüber den Eigentümern ist dabei essenziell.

 

Sie erwähnten den Personalmangel. Hilft die Technologie, aber ersetzt sie auch den Menschen? Sie legen ja Wert auf telefonische Erreichbarkeit.

Technologie hilft uns enorm, dem Personalmangel zu begegnen, indem sie unsere bestehenden Teams schlagkräftiger macht. Sie ersetzt aber nicht den menschlichen Faktor, der gerade in der WEG-Verwaltung so wichtig ist. Es geht um Vertrauen, Empathie und oft auch um die Moderation zwischen unterschiedlichen Interessen.

Deshalb ist uns die telefonische Erreichbarkeit so wichtig. Digitale Kanäle sind perfekt für Standardanfragen, Dokumentenabruf oder schnelle Informationen. Aber wenn ein Eigentümer ein komplexes Problem hat, eine dringende Schadensmeldung durchgeben muss oder einfach eine individuelle Beratung zur Jahresabrechnung wünscht, dann braucht es den direkten Draht, das persönliche Gespräch. Unsere Digitalisierungsstrategie zielt darauf ab, Zeit für genau diese hochwertigen Interaktionen zu schaffen.

Wir wollen nicht, dass Eigentümer in Warteschleifen oder unpersönlichen Ticket-Systemen verloren gehen. Die Technologie soll den Weg freimachen für exzellenten, persönlichen Service, wenn er gebraucht wird. Das ist unser Verständnis von Dienstleistung.

 

Herr Müller, das klingt nach einem klaren Bekenntnis zu Fortschritt und Serviceorientierung. Was ist Ihre Kernbotschaft an Eigentümergemeinschaften, die eine kompetente, zukunftsfähige Verwaltung suchen?

 

Dass eine moderne WEG-Verwaltung beides können muss: Sie muss technologisch führend sein, um Effizienz, Transparenz und Compliance sicherzustellen und die komplexen Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. Gleichzeitig muss sie aber den Menschen in den Mittelpunkt stellen, erreichbar sein und als vertrauensvoller Partner agieren.

Wir investieren gezielt in Technologie, in das Know-how unserer Mitarbeiter – auch in Spezialgebieten wie KI und Datenschutz – und in klare Serviceprozesse. So stellen wir sicher, dass wir die Werte der uns anvertrauten Immobilien langfristig erhalten und steigern und dabei ein Höchstmaß an Zufriedenheit für die Eigentümer gewährleisten.

 

Arbeiten Sie mit festen Partnern zusammen?

Ja und nein. Grundsätzlich sind wir unabhängig und frei von Unternehmensanbindungen, um für unsere Kunden die individuell beste Lösung ausarbeiten zu können. Dennoch macht es an vielen Stellen Sinn, auf bewährte Partner zurückzugreifen.